André Vallette – der Mann fürs Business

André Vallette ist 77 Jahre alt, früher hat er die Finanzabteilung eines großen Baukonzerns in Frankreich geleitet. Gemeinsam mit seiner Frau Bernadette tritt er in der ersten Folge unserer Dokureihe Das Beste kommt noch auf, unter dem Titel Ruhestand? Nein danke!.

Als ich André vor zwei Jahren kennenlernte, holte er uns mit seinem Jaguar von der Bahnstation ab und Bernadette servierte uns erst einmal ein Glas Champagner (es blieb nicht das letzte). Ich fragte ihn: „Wie wird man gut alt?“ Er lachte und sagte, die Frage könne er nicht beantworten – er sei doch im Kopf erst 20! Nur der Körper, der werde eben langsam alt …

Bernadette: „Zuhause bin ich der Chef“

Dreh mit André und Bernadette Vallette © Björn Geldermann
Dreh mit André und Bernadette Vallette © Björn Geldermann

Ich war zusammen mit Paul Lund gekommen, einem Vertreter des Vereins EGEE, einer Art Senior-Expert-Service in Frankreich. Nach seiner Pensionierung war André dem Verein beigetreten. „Ich könnte Ihnen jetzt einen langen Vortrag halten über das ehrenamtliche Engagement, aber das wäre nicht wahr. Am Anfang war es eine rein persönliche Sache: Ich musste mich im Ruhestand ja irgendwie beschäftigen.“ Und das war um so nötiger, als André eine sehr missliche Entdeckung machen musste, als er in Pension ging. Wie im Büro wollte er auch zuhause der Chef sein – aber da gab es schon eine andere Chefin: Bernadette! Und die ließ sich nicht so leicht die Butter vom Brot nehmen …

„Ganz allein, im Unglück ist man ganz allein. Das hat mich tief geprägt.“

Also beschloss André, sich selbst und damit auch anderen zu helfen, und als Berater zu arbeiten. Denn er wusste, was Chefs von kleinen und mittleren Unternehmen am meisten zu schaffen macht: Die Einsamkeit und die Verzweiflung, wenn man nicht mehr weiter weiß und niemanden fragen kann. Das hatte er selbst erlebt, als er von heute auf morgen die Leitung des Obst- und Gemüsehandels seiner Schwester übernehmen musste. Immer wieder musste er sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen – nachdem das Geschäft nicht mehr profitabel war, lernte er sein Buchhalter-Metier noch einmal ganz von vorn und arbeitete sich in der Hierarchie eines Großkonzerns ganz bis nach oben.

André Vallette und Alain Badoche
André Vallette und Alain Badoche © Sabine Jainski

Jetzt berät er kleine Unternehmer wie Alain Badoche, dessen Firma Oberflächenbeschichtungen für Schmuck und Brillen macht. Alain ist eigentlich Ingenieur, er hat die Firma übernommen, nachdem sie pleite gegangen war: „André musste bei mir von Null anfangen. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie man ein Unternehmen gründet und führt. Er hat mir beigebracht, wie man einen vorläufigen Finanzplan macht, was Buchhaltung ist, und er hat mich Schritt für Schritt bei der Gründung meines Unternehmens begleitet.“

„Es entstehen Freundschaften“

André gefällt diese Tätigkeit inzwischen sehr gut, denn er mag es gern, Leuten zu helfen, die in der Patsche stecken. Er erzählt mir: „Als Ehrenamtler erfährt man Anerkennung, wenn sich die Leute bedanken, und das ist sehr schön. Einmal habe ich einem Bäcker geholfen, der in großen Schwierigkeiten war. Er musste Konkurs anmelden, weil er Steuerschulden hatte, und ich habe ihm geholfen und bin mit ihm vors Handelsgericht gegangen. Vor dem Richter habe ich erklärt, er könnte sich herausarbeiten, wenn er in seinem Management einiges ändern würde und auch beim Personal usw. Der Richter akzeptierte diese Argumente und gab ihm ein sogenanntes Reorganisationsverfahren, d.h. seine Schulden wurden über 10 Jahre gestreckt, und er konnte in seiner Bäckerei weiterarbeiten. Als wir wieder zu ihm in die Bäckerei kamen, da hat er geweint. Er sagte mir, Moment, ich komme gleich zurück. Und er ging in seinen Laden und kam mit einem Brot zurück. Er gab mir sein Brot. Also, das ist für mich auch heute noch ein ganz starkes Erlebnis. Es war ein Symbol, er gab mir die Früchte seiner Arbeit und bedankte sich. Das ist das schönste Honorar, das ich jemals erhalten habe. Sie sehen, ich bin heute noch ganz bewegt!“

Entdecken Sie André am 8. April in „Das Beste kommt noch“, Teil 1: „Ruhestand? Nein danke!“, um 23:00 in ARTE!

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