Ursula Lehr und Fe Reichelt zählen für uns zu den wichtigsten Vorbildern für das neue Altern – jede auf ihrem Gebiet. Ursula Lehr ist die oberste Alten-Lobbyistin Deutschlands. Ohne sie wäre unser Land sicherlich viel weniger seniorenfreundlich – und damit auch weniger kinder- und menschenfreundlich. Fe Reichelt, die Pionierin der Tanztherapie, sorgt noch mit 90 Jahren für einen gesunden Körper und Geist bei all ihren Schülerinnen und Schülern – und bei sich selbst. Am 8. April in ARTE!
„Und jetzt machen wir den Tiger!“ Fe Reichelt im Unterricht © Peter Petrides
Fe Reichelt: Pionierin der Tanztherapie
Die 90jährige Tänzerin Fe Reichelt hat Ausdruckstanz bei Mary Wigman studiert. Sie ist eine Pionierin der Tanztherapie in Deutschland. Bis heute bildet sie Tanztherapeuten aus, schreibt Bücher und unterrichtet die von ihr entwickelten „Morgenübungen“: Wenn sie den „Tiger“ macht, dann gehen alle in die Knie. Ihre Schülerinnen und Schüler sind begeistert von ihrer persönlichen Art. „Ich glaube, die wichtigste Fähigkeit ist, wenn ich jemand anders sehe, nicht irgendwelche Vorurteile zu haben, sondern zu sehen, wer ist das eigentlich, was brauchst du“. Fe Reichelt hat in ihrem Leben viele Krisen erlebt, aber niemals aufgegeben. „Ich habe einfach gemerkt im Laufe meines Lebens, zum Beispiel nach zwei Hüftoperationen, hinterher ist man erstmal ganz hilflos, das ist dann Mensch-ärgere-dich-nicht, da muss ich wieder von vorne anfangen. Und sich zu ärgern hat überhaupt keinen Sinn, also fange ich nochmal von vorne an.“
Ursula Lehr – von morgens 5 Uhr an engagiert. © P. Petrides
Ursula Lehr: Sie kämpft für die Alten in Deutschland
„Sagen Sie Ja zum Älterwerden!“, das predigt die Psychologin Ursula Lehr schon seit den 1960er Jahren. Als erste Seniorenministerin Ende der 1980er Jahre und als international renommierte Alternsforscherin ist sie die Vorreiterin der neuen Altenbewegung. Bis heute tingelt die 85jährige jede Woche quer durch Deutschland, hält Vorträge und geht in die Ministerien – sie ist Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO). Auf dem Frankfurter Seniorentag begrüßt sie Angela Merkel und Manuela Schwesig. Daheim trifft sie ihre Enkel Helmut und Larissa, die von ihrer aktiven Oma begeistert sind; Helmut ist als 15jähriger sogar bei ihr eingezogen, weil seine Eltern in Mexiko um seine Sicherheit fürchteten. Bildung ist für Ursula Lehr der entscheidende Faktor für „kompetentes Älterwerden“ – und die fängt für sie im Kindergarten an und geht bis ins hohe Alter. „Suchen Sie sich eine Aufgabe. Wer keine Aufgabe hat, der gibt sich auf!“ empfiehlt die Gründungsdirektorin des Deutschen Zentrums für Altersforschung. Und das auch, wenn man bereits mit körperlichen Einschränkungen zu kämpfen hat, wie sie selbst:
„Vielleicht kann ich dadurch auch ein bisschen was beitragen, dass ich mich deswegen nicht verkrieche, sondern durchaus sage, ich kann nicht mehr so schnell laufen, dieses oder jenes klappt nicht mehr so, aber dennoch rausgehe. Und ich möchte auch, dass andere Leute, die ein anderes Handicap haben, trotzdem mutig sind und rausgehen, und ich möchte auch, dass die Umwelt erkennt, das ist kein böser Wille, keine Schikane, sondern bitte beachtet das.“ Damit meint sie vor allem: Treppen an Bahnhöfen oder öffentlichen Gebäuden ohne Handleisten – oder mit angeschlossenen Rädern, mit Blumentöpfen, um die man herumgehen muss. Wie schnell ist ein älterer Mensch hingefallen und hat einen Oberschenkelhalsbruch. Oder fehlende Sitzgelegenheiten in Museen, viel zu kleine, kontrastarme Schrift – da gehen die Älteren nicht mehr hin. „In unserer alternden Gesellschaft, wo heute schon ein über 75jähriger auf 9,8 Jüngere kommt, wo in 25 Jahren ein über 75jähriger nur noch 4,4 jüngeren Menschen gegenübersteht, warum kann man sich da nicht auf eine alternde Gesellschaft einrichten und solche Kleinigkeiten, die gar nichts kosten, umändern?“
Entdecken Sie Ursula Lehr und Fe Reichelt in Ruhestand? Nein danke!, dem ersten Teil unserer Reihe Das Beste kommt noch, am Freitag, den 8. April um 23 Uhr in ARTE!